Von der Ukraine nach München - Zwei Gastfamilien im Interview

Beim Verfassen des Textes waren es unfassbare 70 Tage Krieg. In einem demokratischen Land, unweit unserer Grenzen und direkt an der Grenze zur EU. Ein völkerrechtswidriges Vergehen Russlands. Brutal, schonungs- und kompromisslos. Und so wie es aussieht, wird sich das so schnell nicht ändern.

Wie schon 2015 sind viele Menschen auf der Flucht. In einer beispiellosen Gastfreundschaft öffneten viele Bürger*innen ihre Türen, wurden Hilfspakete gepackt, LKWs und Züge organisiert, Ankommende begrüßt und begleitet und vieles mehr. Viele Gäste- und Arbeitszimmer wurden für Geflüchtete geöffnet. Viele dachten sicherlich, es sei nur für kurze Zeit. Jetzt gilt es, eine dauerhafte Bleibe zu finden. Alle Ämtergänge müssen gemeistert, Schulen gesucht und die Sprache erlernt werden. Wir haben mit zwei Gastfamilien gesprochen.

Gäste aus der Ukraine bei Familie Detzel, Gespräch mit Esther Detzel

Wadl: Seit wann sind die Gäste aus der Ukraine bei Ihnen? Was mussten Sie vorbereiten? Wer sind Ihre Gäste?

Esther Detzel: Sie sind Mitte März eingetroffen. Eine Mama mit ihren beiden Kindern im Kita bzw. Grundschulalter und eine Oma. Für sie wurden Arbeits- und Gästezimmer umgewandelt. Das Inventar wurde zusammengeliehen, geschenkt und ein paar Sachen gekauft.

Wadl: Wie leben Sie zusammen?

Esther Detzel: Es gibt eine rudimentäre Küche mit Kühlschrank und Tiefkühler, so dass sie relativ eigenständig leben können. Nur das Badezimmer teilen wir uns. Wadl: Bei welchen Angelegenheiten braucht die Familie Hilfe? Esther Detzel: Bei Behördengängen, medizinischen Angelegenheiten, Anmeldung bei Schule und Kita. Wir gehen auch einmal die Woche gemeinsam einkaufen.

Wadl: Wie geht es bei Ihnen weiter? Was wäre für die Zukunft der Familie besonders wichtig?

Esther Detzel: Natürlich vor allem Frieden in der Ukraine! Zunächst würden sie sehr gerne eine Wohnung in Moosach finden, weil die Kinder dann nicht gleich wieder in eine andere Schule bzw. Kita gehen müssten.

Gäste aus der Ukraine bei Familie Lipps, Gespräch mit Ingrid Lipps

Wadl: Wie ist es gekommen, dass Sie jetzt Gäste aus der Ukraine haben?

Ingrid Lipps: Wir haben unter Nachbarn.de einen Aufruf gelesen. Eine Patchworkfamilie war getrennt und suchte eine Möglichkeit, zusammen unterzukommen. Da haben wir uns gemeldet. Es sind ein Vater mit seiner 12jährigen Tochter und eine Mutter mit ihrem 16jährigen Sohn.

Wadl: Wie leben Sie zusammen?

Ingrid Lipps: Wir verständigen uns noch hauptsächlich auf Englisch, aber sie lernen schon fleißig Deutsch. Wir haben ihnen zwei Räume zur Verfügung gestellt. Sie nutzen aber auch Küche und Wohnzimmer und Garten gemeinsam mit uns. Sie haben also quasi Familienanschluss. Da muss man sich halt gelegentlich abstimmen, dann funktioniert das. Sie helfen aber auch, wenn im Haus irgendwas zu tun ist.

Wadl: Haben Sie auch bei den Behördengängen geholfen?

Ingrid Lipps: Die Behördensachen wurden teilweise schon bei den vorigen Gastgebern erledigt. Aber bei einigen Sachen haben wir dann noch unterstützt, z.B. beim Gang zum Sozialbürgerhaus. Da müssen sie noch öfter hin, aber das können sie nun schon selbstständig erledigen.

Wadl: Wie geht es bei Ihnen weiter?

Ingrid Lipps: Die Familie wünscht sich, dass sie bald eine eigene Wohnung findet. Und das Mädchen hätte sehr gerne ein Fahrrad.

Julia Schönfeld-Knor